Vitalisklinik Bad Hersfeld


Die Ursachen für Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind vielfältig: Sie können durch angeborene oder erworbene Defekte der Dünndarmschleimhaut bedingt sein oder durch fehlende oder defekte Verdauungsenzyme, die den Abbau bestimmter Nahrungsbestandteile erschweren. Auch können verschiedene Inhaltsstoffe von Lebensmitteln, wenn sie in größeren Mengen verzehrt werden, zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten führen. Je nach Ursachen können drei Arten von Unverträglichkeiten unterschieden werden:

Resorptionsbedingte Intoleranzen
entstehen durch angeborene oder erworbene Defekte in der Dünndarmschleimhaut, in der die Nähr- und Baustoffe transportiert werden. Dazu gehört z. B. die so genannte intestinale Fruktoseintoleranz (Fruktosemalabsorption)

Enzymatische Intoleranzen
haben ihre Ursachen in einem Mangel oder Defekten von Enzymen, die an der Verdauung von Nahrungsbestandteilen beteiligt sind.. Ein Beispiel ist die Laktoseintoleranz.

Pharmakologische Intoleranzen
beruhen auf der Wirkung bestimmter Substanzen in Nahrungsmitteln, die in größeren Mengen zu Unverträglichkeiten führen können. Bekannte Beispiele sind: Tryptamin in Tomaten, Phenylethylamin in Schokolade, Serotonin in Bananen und Nüssen oder Glutamat und Koffein. Auch Pseudoallergien, die im Erscheinungsbild immunologisch verursachten Allergien entsprechen, spielen in der Nahrungsmittelunverträglichkeit eine bedeutende Rolle. Meist zeigen die Haut und die Schleimhäute klinische Symptome, aber auch Lunge, das Gastrointestinalsystem (bis zu 20 %) und das Herzkreislaufsystem (bis zu 10 %) können betroffen sein.

Die bevorzugte Behandlung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten besteht im Vermeiden der auslösenden Lebensmittel. Einmal erkannt, ist eine Rehabilitationsmaßnahme in einer ernährungsmedizinisch ausgerichteten Einrichtung wie der Vitalisklinik möglich. Bei besonders komplexen Nahrungsunverträglichkeiten oder Allergien, die zu großen Einschränkungen in der Ernährung führen, sollte allerdings vor Antritt der Rehabilitationsmaßnahme Kontakt mit der ernährungsmedizinischen Abteilung der Klinik aufgenommen werden, damit das Ernährungsteam prüfen kann, ob eine Rehabilitationsmaßnahme durchzuführen ist und eine entsprechende Versorgung im Rahmen der Verpflegung in der Klinik erfolgen kann.

Zöliakie

Zöliakie, früher auch als Sprue bezeichnet, ist die lebenslange Unverträglichkeit gegenüber Gluten, einem Eiweiß, das in bestimmten Getreidesorten enthalten ist. Bei Betroffenen löst der Kontakt der Dünndarmschleimhaut mit dem Getreideeiweiß eine Reaktion des Immunsystems aus, die zu einer dauerhaften Entzündung der Dünndarmschleimhaut führen kann. Hierbei werden vom Immunsystem der Dünndarmschleimhaut Antikörper gegen Gluten (mit Gliadin als Unterfraktion) sowie gegen das körpereigene Enzym Transglutaminase 2 (TG2) gebildet. Der Blutnachweis dieser Antikörper wird heute zur Diagnostik oder zum Ausschluss einer Zöliakie klinisch genutzt. Besteht der Verdacht auf eine Glutenunverträglichkeit mit nachweisbaren Schleimhautveränderungen aber negativem Antikörpernachweis, so empfiehlt sich hier eine Untersuchung des genetischen Markers im Blut HLA-DQ2/8.

In der Diagnose und Behandlung der Zöliakie kann das Team der Vitalisklinik auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Wir wissen: So speziell auch  die Ursachen der Zöliakie sind, so vielfältig ist doch das Erscheinungsbild: Die früher zugrunde gelegten klassischen Symptome mit Durchfällen, Fettstühlen und Gewichtsverlust sind bei Erwachsenen seltener geworden, mitunter fallen heute lediglich eine Eisenmangelanämie oder Osteoporose auf. Bei Patienten mit bläschenförmigem Hautausschlag (Dermatitis herpetiformis), Patienten mit Refluxkrankheit oder bei einem Vitamin B12- oder D-Mangel sollte an eine Zöliakie als Differentialdiagnose gedacht werden. Auch können bestimmte Autoimmunerkrankungen mit Zöliakie in Verbindung stehen. Beispiel sind hierzu: 4 % bei Patienten mit Diabetes Typ 1, 13 % bei autoimmun-bedingten Schilddrüsenerkrankungen und 6 % bei einer Autoimmunhepatitis. Nicht immer ist eine Glutenunverträglichkeit aber auch eine autoimmune Zöliakie. Hierbei handelt es sich um eine „Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität“, die vermutlich auf einer angeborenen Immunität gegen Spaltprodukte im Weizen und in glutenhaltigem Getreide beruht. Im Gegensatz zur echten Zöliakie lassen sich hier keine spezifischen Antikörper nachweisen.

Die Empfindlichkeit gegenüber dem Gluten ist von Patient zu Patient unterschiedlich ausgeprägt. Die einzig wirksame Behandlung der Zöliakie besteht in einer strikt glutenfreien Ernährung. Sie führt zu einer Heilung der Dünndarmschleimhautarchitektur und damit zur kompletten Beschwerdefreiheit und Verschwinden aller von der Zöliakie ausgehenden Begleiterscheinungen. Das kann im Allgemeinen einige Wochen und manchmal auch bis zu einem halben Jahr dauern. Dass das Erreichen dieses Ziels kaum diätetische Kompromisse bei der Ernährung zulässt, verdeutlicht die folgende Darstellung: Bei einer Aufnahme von weniger als 10 Milligramm Gluten ist eine Veränderung der Dünndarmschleimhaut unwahrscheinlich. Aber: Nur eine Scheibe normales Brot enthält bereits 2,5 Gramm Gluten – die 250-fache Menge!

Neben dem Verzicht auf glutenhaltige Getreidesorten gilt es insbesondere die Aufmerksamkeit der Patienten mit Zöliakie auf verstecktes Gluten in Nahrungsmitteln und Medikamente zu lenken. In der Vitalisklinik erreichen wir dies durch wiederholte Ernährungsberatung mit Bezug zum Alltag. Denn Ursache für eine Rückkehr der Zöliakie bei bis zu sechs von zehn Patienten liegt in der Nicht-Einhaltung der glutenfreien Ernährung nach dem Klinikaufenthalt. Auch wird unterstützend eine psychologische Betreuung zur Stärkung der Motivation, zur Krankheitsverarbeitung und zum Stressabbau angeboten, wie sie sich positiv auf den Erfolg einer ernährungsmedizinischen Rehabilitationsmaßnahme auswirken können.